Wie kommunizieren im politischen Raum?
1. Workshop für Meeres- und Umwelt-Forschende zum Kompetenzaufbau für den Science-Policy-Dialog
Impressionen vom „Wie kommunizieren im politischen Raum? – Workshop für Meeres- und Umwelt-Forschende zum Kompetenzaufbau für den Science-Policy-Dialog“. Oben: Am Science-Policy Workshop in Berlin nahmen 30 Forschende aus mehr als 15 verschiedenen Organisationen teil. Mitte: In einer praktischen Übung erarbeiteten die Teilnehmenden Eigenschaften guter Science-Policy Publikationen. Unten: Während des zweitägigen Workshops profitierten die Forschenden von einem intensiven Erfahrungsaustausch. © DAM/Helmholtz SynCom
Vom 29. bis 30. Januar 2025 veranstalteten Helmholtz SynCom und die Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) gemeinsam einen Workshop als Unterstützungsangebot für deutschsprachige Forschende, die Interesse an der politischen Kommunikation haben.
Der Workshop diente dazu, Grundlagen der politischen Kommunikation zu vermitteln und Kommunikationsansätze und Instrumente für den Science-Policy-Dialog zu beleuchten. Zudem profitierten die 30 Teilnehmenden aus mehr als 15 verschiedenen Organisationen von einem intensiven Erfahrungsaustausch.
Schlüsselaspekte und Herausforderungen im Dialog zwischen Wissenschaft und Politik
Workshopleiter Tome Sandevski (Goethe-Universität Frankfurt) gab einen breiten Einblick ins Thema Wissenschaftskommunikation mit Fokus auf den Austausch mit Politik und Verwaltung. Neben der Darstellung politischer Prozesse wurde über die Rolle wissenschaftlicher Expertise in politischen Entscheidungsprozessen reflektiert. Die Teilnehmenden erhielten zudem einen Überblick über diverse Science-Policy-Formate und Strukturen des Wissensaustauschs zwischen Forschung und Politik/Verwaltung. Helmholtz SynCom brachte einige Beispiele in Form von Fact Sheets und Policy Briefs für die Bündelung der Erdsystemforschung aus dem Helmholtz-Forschungsbereich Erde & Umwelt mit, die am zweiten Tag des Workshops im persönlichen Gespräch mit Vertreter:innen aus der Politik mit Blick auf vorangegangene Veranstaltungen als positive Beispiele für die anschauliche Darstellung evidenzbasierter Handlungsoptionen für die Umwelt- und Klimapolitik hervorgehoben wurden. In einer interaktiven Übung identifizierten die Forschenden Merkmale einer guten Science-Policy-Publikation. Demnach sollten solche Publikationen u. a. i) eine Zusammenfassung der Kernbotschaften enthalten, ii) möglichst prägnant sein, um dem Zeitmangel in der Politik Rechnung zu tragen, iii) Infografiken/visuelle Darstellungen integrieren und iv) die Hauptaussagen möglichst bereits in den Überschriften beinhalten.
Am zweiten Tag stand v. a. der Erfahrungsaustausch im Fokus. Die Forschenden erhielten von Dr. Torsten Fischer (Leiter der Stabsstelle Kommunikation und Medien, Helmholtz-Zentrum Hereon) Einblicke in erfolgreiche Wissenschaftskommunikation, sowohl durch persönliche Erfahrungen als auch durch Beispiele aus dem Hereon mit seinen rund 1000 Beschäftigten.
In einer interaktiven Runde mit drei Vertreter:innen aus Politik und Verwaltung – Tyark Reddig, (Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag), Dr. Manuela Krakau (Referentin BMUV) und Dr. Heike Kaupp (Referatsleiterin bei Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt Berlin) – wurden Einblicke in ihre jeweiligen Aufgabenbereiche gegeben und die Rolle wissenschaftlicher Expertise beleuchtet. Gemeinsam wurde diskutiert, welche Ansätze des Dialogs zwischen Wissenschaft und Praxis und der Bereitstellung von Wissen für Entscheidungsträger:innen besonders gut funktionieren und wo es Optimierungsbedarf gibt. Der Austausch hat unter anderem gezeigt, dass es nicht darum geht, eine gewünschte „Ideallösung“ zu präsentieren, sondern verschiedene Handlungsoptionen und mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen, die in einem Handlungsrahmen berücksichtigt werden können. Hilfreich ist zudem das Aufzeigen von „roten Linien“, also klaren Grenzen und unverzichtbare Bedingungen. Darüber hinaus wurde betont, dass Handlungsoptionen aus der Wissenschaft an Bedeutung gewinnen, wenn sie gemeinsam und einrichtungsübergreifend erarbeitet werden. Die Deutsche Allianz Meeresforschung wurde in diesem Zusammenhang von Gästen aus der Politik als positives Beispiel hervorgehoben. Sie stärke zudem den Austausch zwischen Wissenschaft und Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft indem sie unterschiedliche Stakeholder zusammenbringe. Durch ihre inter- und transdisziplinär gestalteten Formate (z. B. parlamentarische Abende) ermögliche sie es Forschenden, ihre Erkenntnisse gezielt in den politischen Prozess einzubringen und Entscheidungsträger:innen zu unterstützen.
Worauf es ankommt
Aus den inhaltlichen Inputs, dem persönlichen Erfahrungsaustausch sowie den Gesprächen mit den Vertreter:innen aus dem politischen Raum lassen sich folgende Kernpunkte für die Kommunikation im politischen Raum ableiten:
- Bedarfsgerechte Kommunikation: Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten verständlich und lösungsorientiert kommuniziert werden (z. B. durch die Darstellung von Szenarien), um in politischen Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden zu können. Gleichzeitig ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt für die Platzierung wissenschaftlicher Ergebnisse zu wählen. Geeignete Gelegenheiten sind beispielsweise Koalitionsverhandlungen oder die Ausarbeitung von Gesetzentwürfen (sog. Referentenentwürfe), da wissenschaftliche Grundlagen in diesen entscheidenden Phasen am wirkungsvollsten eingebracht werden können.
- (Interaktions-) Formate: Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Forschende, um den Austausch zu fördern (z. B. parlamentarische Veranstaltungen, Policy Briefs und Fact Sheets, persönliche Ansprachen, Mitwirkung in Gremien). Die Auswahl sollte sich an der Zielsetzung und der Kommunikationsstrategie der Forschungseinrichtung orientieren, aber auch persönliche Stärken und Präferenzen berücksichtigen. Oft ergeben sich für Vertreter:innen von Politik und Verwaltung Kontakte zur Wissenschaft am Rande von Veranstaltungen wie parlamentarischen Abenden, wissenschaftlichen Konferenzen oder Stakeholder-Plattformen.
- Forschende als „Honest Broker“: Die Rolle der Wissenschaft besteht darin, wissenschaftliche Fakten und Wissen bereitzustellen – verständlich und praxisnah aufbereitet, wobei stets das jeweilige Zielpublikum berücksichtigt wird. Beim Dialog mit politischen Akteuren ist es entscheidend, gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu adressieren und diese in einem für die Praxis nutzbaren Kontext aufzubereiten. Das Bewusstsein für die unterschiedlichen Arbeitsweisen von Wissenschaft und Politik – insbesondere in Bezug auf Zeitlogiken (langfristige Forschungsprozesse vs. die Notwendigkeit, häufig schnell und pragmatisch auf aktuelle Ereignisse oder gesellschaftliche Bedürfnisse zu reagieren), Prioritäten und Herangehensweisen – ist entscheidend, um realistische Erwartungen zu setzen und den Dialog zwischen Wissenschaft und Politik konstruktiv zu gestalten. Eine transparente Kommunikation über den Stand der Forschung, Unsicherheiten und mögliche Auswirkungen auf Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft stärkt das Vertrauen in die Qualität wissenschaftlicher Begleitung politischer Entscheidungsfindungen. Es ist wichtig, dieses Ziel ganz klar von wissenschaftspolitischen Zielen (z. B. Förderung bestimmter Forschungsbereiche) zu trennen.
Gerade in politisch herausfordernden Zeiten besteht die Gefahr, dass wissenschaftliche Erkenntnisse gezielt instrumentalisiert oder verfälscht werden oder dass sie gar nicht erst in entscheidende Diskurse einfließen. Gleichzeitig erschweren Desinformation und bewusste Polarisierung die öffentliche Debatte und stellen Wissenschaftseinrichtungen insgesamt vor neue Herausforderungen. Um sowohl die Integrität wissenschaftlicher Erkenntnisse zu wahren als auch den öffentlichen Diskurs zu fördern, ist es entscheidend, einen konstruktiven Austausch zu ermöglichen.
Insgesamt gewannen die teilnehmenden Forschenden wertvolle Grundlagen für die Kommunikation auf politischer Ebene. Sie erhielten Werkzeuge zur allgemeinverständlichen Vermittlung ihrer Forschungsergebnisse und wurden für die Anforderungen der Kommunikation mit politischen Akteuren sensibilisiert.
Konzeption und Organisation: Tome Sandevski (Goethe Universität Frankfurt), Paulina Conrad (DAM) und Dr. Katharina Sielemann (Helmholtz SynCom).