Helmholtz Erde und Umwelt trifft Abgeordnete des EU-Parlaments und Stakeholder in Brüssel

EE meets EP 2025

Impressionen von "EE meets EP 2025". 1. Reihe: Austausch mit Hildegard Bentele, MdEP, im Europäischen Parlament; 2. Reihe: Auriane Denis-Loupot stellt die Aktivitäten des Emergency Response Coordination Centre (ERCC) vor; 3. Reihe: Die Delegation während des Treffens mit ERC-Vertreter:innen im Helmholtz-Büro Brüssel; 4. Reihe: Diskussion mit Jutta Paulus, MdEP, im Europäischen Parlament; 5. Reihe: Präsentationen von Helmholtz-Forschenden im Europäischen Parlament © Helmholtz/SynCom

Bericht von Anna Jegen, Dr. Nivedita Sairam, Dr. Jeewanthi Sirisena, Prof. Dr. Christian Geiss und weiteren Delegationsmitgliedern.

Helmholtz SynCom, vertreten durch Marie Heidenreich und Dr. Katharina Sielemann, stattete zusammen mit den nominierten sieben Wissenschaftler:innen aller Helmholtz Erde und Umwelt-Zentren sowie einem Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt vom 17. bis 20. Februar 2025 Brüssel einen Besuch ab, um sich mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments und weiteren Stakeholdern auszutauschen. Ziel war es, die Vernetzung der Helmholtz-Zentren untereinander zu fördern, Einblicke in die europäische Perspektive zu gewinnen und mit europäischen Stakeholdern über unser Fokusthema „Rekordbrechende (Wetter-)Extreme“ zu diskutieren.

Die Helmholtz-Delegation brachte Expertise von folgenden Einrichtungen ein:

  • Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) – zu arktischem Meereis und den Zusammenhängen mit Extremwetterereignissen
  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – zu Troposphärenforschung und schweren konvektiven Stürmen
  • GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel – zu seismischen Risiken und den Wechselwirkungen zwischen Tiefsee und Klima
  • Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung ‒ UFZ – zu computergestützten Hydrosystemen und Klimaanpassungsstrategien
  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – zu KI-gestützter Vorhersage und Fernerkundung
  • Forschungszentrum Jülich (FZJ) – zu Supercomputing und hochauflösender Hochwassermodellierung
  • GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung – zu Hochwasserrisiko und Klimaanpassung
  • Helmholtz-Zentrum Hereon/GERICS – zu Klimadienstleistungen und Risikobewertung

Die Delegationsreise erfolgte auf Einladung von Hildegard Bentele, MdEP der EVP und Mitglied des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (ITRE). Das Programm umfasste verschiedene weitere Treffen und Aktivitäten, darunter Treffen mit Mitgliedern des Europäischen Forschungsrats (ERC), dem Delegierten für den Forschungsbereich Erde und Umwelt im Helmholtz-Büro Brüssel, Vertreter:innen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Dr. Juha-Pekka Japola von der Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und Humanitäre Hilfe (ECHO), MdEP Jutta Paulus (Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz), dem Interims-Geschäftsführer des Instituts für Europäische Umweltpolitik (IEEP), sowie ein interaktives Event zur Wissenschaftskommunikation mit dem Teilchenphysiker Dr. Samuel Gregson. In den folgenden Unterabschnitten fassen wir die wichtigsten Stationen unserer erfolgreichen Reise nach Brüssel zusammen.

Unsere Delegationsreise begann mit einer ersten Kennenlernrunde in der Hotellobby, bei der wir uns austauschten und verschiedene Aufgaben für die Dauer der Exkursion verteilten. Für weiteres Networking unter den Vertreter:innen der Helmholtz-Zentren kehrten wir ins „Maison Antoine“ ein und genossen einen typisch belgischen Abend mit Pommes frites und Bier.

Am nächsten Tag wurde die Helmholtz Erde und Umwelt-Forschungsdelegation von Hildegard Bentele, MdEP, empfangen. Während des Austauschs gab MdEP Bentele als Berichterstatterin Einblicke in Schlüsselthemen wie Wasserresilienz, Biotechnologie und kritische Rohstoffe.

Bei den Treffen mit Stakeholdern in Brüssel präsentierten die Helmholtz-Forschenden überzeugende Vorträge zu rekordverdächtigen (Wetter-)Extremen und ermöglichten so Diskussionen zur

  • Operationalisierung von Vorhersagen auf Grundlage der Auswirkungen von Sturzfluten
  • Stärkung der Verknüpfung von Wiederaufbau und Vorsorge bei Extremwetterrisiken
  • Finanzierung von Klimaschutzinitiativen

Als Leiterin der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Wasser“ des Europäischen Parlaments hob MdEP Bentele die breit gefächerten praktischen Aspekte von Klimaschutzmaßnahmen hervor, wie beispielsweise die Verteilung der Zuständigkeiten auf lokaler, bundesstaatlicher, nationaler und europäischer Ebene sowie die sich wandelnde politische Landschaft und deren Auswirkungen auf die Umweltpolitik. Sie schätzte die Expertise, die vorgeschlagenen Maßnahmen und die Empfehlungen der Forschenden sehr und unterstrich damit die entscheidende Rolle der Wissenschaft bei der Politikgestaltung.

Anschließend ermöglichte Gregor Nägeli (akkreditierter parlamentarischer Assistent von MdEP Bentele) eine Führung durch das Europäische Parlament. Als besonderes Highlight wurde die Delegation zu einer Ausschusssitzung des EU-Parlaments eingeladen, wo Barry Andrews, MdEP (Fianna Fáil, Renew Europe), Vorsitzender des Entwicklungsausschusses (DEVE), uns mit den eindringlichen Worten begrüßte:

Wir sind sehr dankbar für Ihre Arbeit. Wir brauchen Forschung, um politische Entscheidungen zu treffen.

Neben den offiziellen Sitzungen war es faszinierend, die Briefkästen der Europaabgeordneten und die hochmodernen Medienübertragungsstationen zu sehen, aber auch zu beobachten, dass wichtige politische Gespräche in der Cafeteria stattfanden.

Unser dritter Tag in Brüssel begann mit aufschlussreichen Gesprächen mit Mitgliedern des Europäischen Forschungsrats (ERC) im Helmholtz-Büro Brüssel. Policy Analyst Noélie Auvergne informierte uns über die Science-to-Policy-Aktivitäten, insbesondere im Kontext von ERC-Projekten, die auf politische Prozesse einzahlen. Project Advisor Julie Oppenheimer hielt einen Vortrag über die ERC-Fördermöglichkeiten für Early- und Mid-Career-Forschende. Jedes Jahr ändert sich das am stärksten geförderte Thema je nach dem aktuellen Bedarf im jeweiligen Forschungsfeld. Diese Diskussion motivierte viele von uns, über eine künftige Bewerbung auf ERC-Ausschreibungen nachzudenken.

Nach dem Austausch mit dem ERC diskutierten wir mit Dr. Andreas Krell (Delegierter für den Forschungsbereich Erde und Umwelt) über die Aktivitäten der Helmholtz-Gemeinschaft im europäischen Kontext: Das Helmholtz-Büro Brüssel bietet Zugang und Informationen zu Forschungsförderung, strategischen Allianzen, ermöglicht mehr Sichtbarkeit und politischen Dialog.

Als Nächstes besuchten wir die Europäische Weltraumorganisation (ESA). Nach einer herzlichen Begrüßung gab uns Mathilde Reumaux (EU-Programmkoordinatorin) einen detaillierten Überblick in ihre Arbeit. Die 23 Mitgliedsstaaten der ESA tragen maßgeblich zum Gesamtbudget bei, wobei der größte Teil des Budgets für die Erdbeobachtung verwendet wird. Stefanie Lumnitz (Policy Officer) erläuterte zudem die EC-ESA-Initiative für Erdsystemwissenschaften der Direktion für Forschung und Innovation der Europäischen Kommission (DG-RTD) und der ESA. Dr. Karim Douch (Research Fellow) gab Einblicke in Projekte und Initiativen zu Hydrologie und Wetterextremen am ESA Science Hub. Er betonte, dass es notwendig sei, die Daten der Erdbeobachtung optimal zu nutzen, um die Geowissenschaften voranzubringen und so die operativen Maßnahmen zu verbessern.

Nach dem aufschlussreichen Treffen mit der ESA hatten wir einen intensiven Austausch mit der Generaldirektion ECHO der Europäischen Kommission zum Thema Naturgefahren und Extremwetterereignisse. Dieser Besuch wurde durch wertvolle Einblicke in den EU-Katastrophenschutzmechanismus/das Emergency Response Coordination Centre (ERCC) und dessen Rolle in der Katastrophenhilfe ergänzt.

Im Jahr 2024 waren 40–50 % der Katastrophenhilfemaßnahmen klimabedingt. Dies zeigt klar, dass mehr Maßnahmen für eine klimaresiliente Entwicklung erforderlich sind. Darüber hinaus betonte Dr. Juha-Pekka die Notwendigkeit von Kooperationsprojekten mit starken Praxispartnern und zeigte Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit dem ERCC auf.

Am späten Nachmittag kehrten wir zum Europäischen Parlament zurück, um uns mit Jutta Paulus, MdEP, auszutauschen. Wir diskutierten über die aktuellen EU-Wasservorschriften und betonten insbesondere die fehlende Abwasserregulierung. Jutta Paulus wies auf die Notwendigkeit hin, die Wassereffizienz in städtischen Gebieten zu verbessern und Wasser wiederzuverwenden. Sie betonte die Vorteile naturbasierter Lösungen für wasserresiliente Strategien.

Unser Tag endete mit einem spannenden Wissenschaftskommunikations-Vortrag von Dr. Samuel Gregson zu Teilchenphysik, in dem wir uns gemeinsam auf die Suche nach dem Higgs-Boson machten.

Am letzten Tag unserer Reise nach Brüssel erfuhren wir, wie unabhängige Thinktanks wie das Institut für Europäische Umweltpolitik (IEEP) daran arbeiten, Stakeholder zu einer wissenschaftsbasierten Politikgestaltung zu bewegen, und wie sehr diese Umweltlobbyarbeit auf freiwillige Spenden angewiesen ist. Neben dieser Einführung gab der kommissarische Geschäftsführer des IEEP, Antoine Oger, einen Überblick über die Veränderungen in der Politikgestaltung, nachdem sich der Schwerpunkt des Europäischen Parlaments vom Umweltschutz hin zur europäischen Wettbewerbsfähigkeit verlagert hat. In diesem Zusammenhang diskutierten wir Möglichkeiten des wissenschaftspolitischen Engagements auf nationaler und lokaler Ebene und wurden ermutigt, auf regionaler Ebene aktiv zu werden, was insbesondere für Maßnahmen zur Klimaanpassung relevant ist.

‘EE Meets EP’ Fazit

Dank der SynCom-Initiative „EE meets EP 2025“ erhielten wir erste Einblicke in das hektische Treiben Brüssels, einer Stadt, in der zahllose Gebäude etwas mit der Europäischen Union zu tun haben. Während wir von einem Treffen zum nächsten eilten, wurden wir mit einer Vielzahl an Themen vertraut gemacht, von der Erstellung der Abstimmungslisten im Europäischen Parlament bis hin zur Verteilung europäischer Hilfsgüter durch das Emergency Response Coordination Centre. Gemeinsam war diesen sehr unterschiedlichen Treffen meist, dass wir das letzte Treffen noch interessanter fanden als das vorherige.

Mehrere Dinge blieben uns besonders in Erinnerung. Wie in der Wissenschaft scheinen Zeit und Vertrauen auch in der Politik die beiden dominierenden Währungen zu sein. Wenn beispielsweise Dritte wie Thinktanks oder Unternehmen die Europäische Kommission erreichen wollen, um Einfluss auf die Haushaltsplanung oder aktuelle Strategiepapiere zu nehmen, sind individuelle Netzwerke und damit bereits etabliertes Vertrauen entscheidend. Der hohe Stellenwert von Vertrauen hängt teilweise sicher damit zusammen, dass Zeit immer knapp und dadurch umso wertvoller ist. Denn aufgrund der Bandbreite und schieren Menge an politischen Dossiers sind Parlamentarier:innen wie Mitglieder der Kommission auf die Berichte und die Objektivität derjenigen angewiesen, die sie erstellen.

Als Johann Wolfgang von Goethe sagte, „Jeder Augenblick ist von unendlichem Wert“, muss er eine Vorahnung vom Terminkalender einer*s Abgeordneten des EU-Parlaments gehabt haben. Wir glauben, wir haben im gesamten EU-Parlament niemanden gesehen, der nicht entweder im Eilschritt unterwegs war oder gerade etwas auf seinem Handy las – oder beides gleichzeitig tat. Diese generelle Unruhe war auch in unseren beiden Treffen mit Abgeordneten spürbar, die zwar aufrichtig interessiert waren, aber den Fokus permanent darauf richteten, welche Informationen mit den aktuellen Strategiepapieren zu tun hatten, in die sie involviert waren.

Dass Präsentationen auf die Zielgruppe zugeschnitten sein müssen, ist ein so etabliertes Konzept, dass man es als Nachwuchsforscher:in schon nicht mehr hören kann. Die Initiative „EE meets EP“ hat die Bedeutung dieser Aussage für viele von uns untermauert – nicht, weil ihre Gültigkeit nicht bereits offensichtlich gewesen wäre, sondern weil wir gesehen haben, wie nachdrücklich politische Agenden von Themen geprägt werden, die in den Mainstream-Medien stark vertreten sind.

Helmholtz Erde und Umwelt trifft das Europäische Parlament und Stakeholder in Brüssel - Bericht

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